Sorgst du gut für dich?

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Die Corona-Zahlen steigen mal wieder ins unermessliche. Menschen die geimpft sind, erwischt es trotzdem schlimm und ich beginne mich in 2G/3G-Sportkursen, beim Tanzen und bei privaten Treffen zunehmend unwohl zu fühlen. Ich beobachte, wie sich die meisten Menschen verhalten als gibt es keine Pandemie und sich zur Begrüßung und Verabschiedung umarmen, keine Abstände mehr halten, im Sportkurs bei der Ausübung von Partnersport wild durchtauschen oder alle gemeinsam in die Plätzchentüte greifen. Unklar für mich. Und langsam sagt mir meine Intuition, mein Überlebenssinn: Pass auf dich auf.

Es ist ein schmaler Grat zwischen: „Ich ziehe mich zu meiner eigenen Sicherheit wieder auf unbestimmte Zeit aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, obwohl ich weiß, dass mir das nicht gut tun wird“ und „ich fühle mich in dieser Situation echt nicht mehr wohl.“

Diese Woche beim Sportkurs wurde meine „Schmerzgrenze“ deutlich überschritten, als eine Teilnehmerin, die mir zugewiesen war, ständig in ihre Handfläche hustet und mich danach wieder anfasste. Ich war innerlich erstarrt vor Entsetzen – wie kann man bitte in der aktuellen Situation zum Partnersport kommen, wenn man hustet? Auch wenn man geimpft ist!

In mir hat alles Alarm geschlagen, ich wollte Hände waschen und einfach nur weg. Und ich habe mich nicht getraut für mich einzustehen. Ich war absolut im Freeze-Modus und konnte nichts tun, nichts sagen. Ich wusste nicht was. Ich wollte niemanden vor den Kopf stoßen, aber auch nicht bleiben. Das ist übrigens typisch in „Überlebenssituationen“. Wenn unser Überleben bedroht ist, dann übernimmt unser Repitilien-Gehirn. Wir können nicht mehr klar denken und reagieren entweder mit Kampf, Flucht oder Erstarren. Scheinbar bin ich der Typ der wegrennen will, aber stattdessen erstarrt – wenn ich auf unangeleinte Hunde treffe, passiert in mir ürbrigens genau das selbe, ich will wegrennen, aber erstarre.

Wenn ich jetzt so darüber nachdenke kenne ich inzwischen einige Methoden, um aus diesem Zustand rauszukommen und wieder klar denken zu können. Atmen und dabei ganz langsam und gelassen Dinge aufzählen, die man gerade sieht. Das vermittelt dem Körper ein „wir sind sicher“-Gefühl. Wenn der Säbelzahntiger hinter dir her wäre, würdest du nicht die Blümchen vor dir in Ruhe betrachten 😉 Oder auch langsam den Kopf von links nach rechts bewegen und schauen. Am Dienstag war ich zu überrumpelt dafür.

Ich habe mich gequält, bis sich nach einer langen Weile die heimliche Möglichkeit zur „Flucht“ ergab und ich die Gruppe gewechselt habe – mit dem schlechten Gewissen – das jetzt ggf. an die nächsten weiter zu tragen.

Das war definitiv eine Lehre für mich. Danach habe ich mich über mich geärgert. Ich habe überhaupt nicht gut für mich gesorgt, ich habe in so einem wichtigen Thema meine Grenze nicht gesetzt, bin meiner Intuition nicht gefolgt. Aus Unwissenheit, wie man mit so einer Situation umgeht und aus Angst vor Ablehnung und Konflikten – vielleicht sehen die anderen das ja gar nicht so verbissen, vielleicht sind meine Gefühle übertrieben und falsch. Aber es geht nie um die anderen. Es geht immer darum, wie ich mich fühle! Und meine Gefühle sind NIE falsch, denn sie sind da und sie wollen gehört werden. Sie wollen gefühlt und verstoffwechselt werden, damit sie sich nicht im Körper festsetzen müssen. Lass dir nie von jemanden deine Gefühle invalidieren – vorallem nicht von deinen eigenen Gedanken! Deine Gefühle sind echt und sie dürfen da sein. Sie dienen dir.

Vor dem „nächsten Event“ diese Woche, dem „freien Tanzen“, was heute Abend stattfindet, hat es mir seitdem gegraut – was soll ich nur machen? Absagen und meinen Tanzpartner hängen lassen? Dann traurig und einsam auf dem Sofa sitzen? Und als ob es nicht schon schlimm genug war, dass ich mich mit der Frage quälte, kam prompt noch eine Nachricht rein, die gefragt hat, ob ich heute beim Tanzen auch mit ihr tanzen würde – sie würde sich auch vorher testen.

Mein Kopf ist explodiert in dem Moment! Jetzt bin ich auch noch für zwei Leute „verantwortlich“ wenn ich absage! Dann bin ich „Schuld“, wenn sie niemanden zum Tanzen haben und wegen mir nicht gehen können und auch alleine auf dem Sofa sitzen müssen. Herrlich was mein Kopf sich alles ausmalt.. . In dem ich es auspreche, wird es übrigens kleiner. Kannst du auch mal probieren: „Kein Kopf sagt sich die ganze Zeit xyz“.

Schuld ist übrigens ein großes Thema in meinem Leben und in meinem Human Design – ich bin noch dabei das zu erforschen 😉

Aber zurück zum Thema: Was für eine schwere Last auf meinen Schultern, die Verantwortung des Abends für zwei Menschen! Es schnürt mir den Hals zu. (Das ist übrigens im Human Design typisch für Menschen mit einem offenen Emotionszentrum. Bloß Harmonie bewahren und keine Konflikte. Nicht unbeliebt machen. Lieber alle anderen glücklich machen, als mich selbst.)

Mist und nun? Was soll ich nur machen? Wie werde ich ihnen und mir gerecht?

Nach schier endlosem Gequäle und Stress im Körper kam mir der Satz in den Kopf: Was brauche ich, um mich wohlzufühlen?

Und die Antwort kam genauso schnell und klar zu mir, wie ich die Frage gestellt hatte: Wenn wir uns alle drei vorher testen würden, würde ich mit ruhigeren Gewissen zum Tanzen gehen können.

Das fühlte sich echt erleichternd an. So könnte es für mich funktionieren. Zwar kam dann noch der „unangenehme“ Teil die Tanzpartner zu fragen, ob sich alle vorher testen lassen würden, aber der war es mir wert um dieses Mal für mich einzustehen. Ich kommunizierte klar, wie ich mich am Dienstag gefühlt hat und das es mir besser gehen würde, wenn wir uns vorher testen lassen würden.

Und das Ergebnis war sehr schön. Alle waren einverstanden. Wenn ich klar kommuniziere, was ich brauche, dann wird das gut aufgenommen, die Menschen wissen woran sie sind und ich werde nicht dafür verurteilt. Das hilft dem Zusammenleben ungemein. Das ist Grenzen setzen. Grenzen sind nicht dazu da, sich von anderen abzutrennen, sondern immer um ein harmonischeres Miteinander und noch mehr Nähe zu schaffen.

Also sorge gut für dich! Und frage dich hin und wieder: Was brauche ich, damit es mir gut geht?

Hab einen schönen Abend! 🙂

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